kopf

 
Home
News
Warum Industriekultur?
Veranstaltungen
Vereine, Museen, Archive
Projekte und Themen
Orte und Objekte
Impressum und Kontakt
Links

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Objektführer Zeche Friedrich Heinrich

 

Gesamtanlage

Fördergerüst / Schachthalle Schacht 2Lüftergebäude Schacht 2
Fördermaschinenhaus 2
Förderturm Schacht 1
Fördermaschinenhaus Schacht 1
Magazin
Verwaltungs- und Kauengebäude
Zentralmaschinenhalle
Werkstatt
Lokomotivschuppen
Schirrhof mit Pumpenhaus


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Objektführer / Route der Industriekultur / Bergbau / Zeche Friedrich Heinrich Gesamtanlage

 

Kamp Lintfort_Zeche Friedrich Heinrich. Gesamtanlage

 

 

 

lage2
Lageplan. Stand 1983

Walter Buschmann
Zeche Friedrich Heinrich. Gesamtanlage

Entstanden durch französische Investitionen hebt sich Friedrich Heinrich aus dem Bestand erhaltener Bergwerke aus dem Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg durch eine monumentale Backsteinarchitektur, die mit prägnanter Außenwirkung entlang einer Allee errichtet wurde, hervor. Die noch fördernde Zeche zeichnet sich durch einen noch umfangreichen Bestand aus der Gründungszeit der Anlage aus. Die Zeche ist Mittelpunkt von ausgedehnten Siedlungen, die ebenfalls denkmalwert sind.

Nach den Konzessionen für Rheinpreußen 1857 und Niederberg 1857 unter dem Namen "Verein" gehen die Anfänge von Friedrich Heinrich - der dritten großen linksrheinischen Zeche - auf die Verleihung eines Feldes von 93,9 Mio m2 unter dem Namen Humboldt auf das Jahr 1862 zurück. Mit dieser ungeheuren Größe der Berechtsame übertraf das neue Grubenfeld noch geringfügig den Umfang des Feldes für die Zeche Rheinpreußen (93,84 Mio m2). Die Verleihungsurkunde wurde ausgestellt auf Freiherrn Friedrich von Diergardt/Viersen, sowie Ferdinand Stein und Wilhelm Königs aus Köln.

Wie bei der Vorgeschichte zur Entstehung der Zeche Niederberg, dauerte die Realisation der Abbaurechte Jahrzehnte. 1874 wurde das Feld Humboldt in annähernd drei gleich große Teile geteilt. Das östliche Feld übernahm Friedrich Heinrich von Diergardt, der dem Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich den Namen gab.

Durch Probebohrungen in den Jahren 1900 bis 1904 wurden sehr gute Fettkohlenflöze in ungestörtem Gebirge bei flacher Lagerung nachgewiesen. Das Feld konnte mit diesen Bohrergebnissen 1906 an eine französische Bankengruppe unter Führung der Pariser Industrie- und Handelskreditbank verkauft werden. Gegründet auf den reichen Fettkohlevorräten sollte die Zeche Koks für die französische Hüttenindustrie liefern. Das Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich wurde 1906 als Aktiengesellschaft mit Sitz in Düsseldorf gegründet. Bergwerksdirektor wurde der von der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten AG kommende Franz Brenner, dem Planung und Aufbau der Zeche übertragen wurde.

Nachdem zuvor bereits Pläne über die Anlage der Übertageanlage mit zugehöriger Siedlung ausgearbeitet worden waren, erwarb die Bergwerksgesellschaft 1906/07 ein Terrain von 1200 Morgen. 1907 und 1908 begannen die Abteufarbeiten für beide Schächte im Gefrierverfahren durch eine Spezialfirma aus Nordhausen (Tiefbau und Kälteindustrie, vorm. Gebhardt und König). Für das Abteufen entstanden provisorische Hilfsbauten in Holzfachwerk. Zugleich wurde eine Schmalspurbahn zum Bahnhof Repelen für den Materialtransport angelegt.

Nachdem mehrfach Schwimmsandeinbrüche die Abteufarbeiten behindert hatten, erreichte Schacht 2 1910 und Schacht 1 1911 das Karbon bei 306 und 307 m Teufe. 1912 konnte die Förderung zunächst über Schacht 2 aufgenommen werden. Dann wurde Schacht 1 zum Förderschacht ausgebaut (1912) und Schacht 2 als Wetterschacht hergerichtet.

panorama
Zeche Friedrich Heinrich um 1915. Schacht 1 mit großer Schachthalle und Separation(rechts) und Schacht 2(links). Dazwischen die Kohlenwäsche.

Parallel zu den Abteufarbeiten entstanden bis etwa 1913 die Bauten der Übertageanlagen(seit 1908 Kraftzentrale). 1913/14 folgte die Kokerei mit fünf Batterien und Nebenproduktenanlage.

Das Bergwerk Friedrich Heinrich war auf die derzeit ungewöhnlich hohe Förderleistung von 5000 Tagestonnen (tato) konzipiert. Schon 1914 kam man mit 4300 tato diesem Ziel sehr nahe. Etwa 2000 Beschäftigte sorgten für die Umsetzung des Produktionszieles, das weit über den Ergebnissen zeitgleicher Schachtanlagen lag.

Siedlungen und Sozialeinrichtungen
Das Bergwerk Friedrich Heinrich war von vorn herein als städtebauliche Einheit von Zeche, Siedlungen und Sozialeinrichtungen geplant. Westlich der Zeche entstand 1907 bis 1930 eine großzügige Siedlung mit 2500 Wohnungen. Diese Siedlung, die auf der Rückseite von Zeche und Kokerei entstand, nimmt auf die Schachtanlage nur indirekt Bezug. An ihrer Vorderseite wird die Zeche entlang einer Allee durch ein Verwaltungsgebäude ergänzt, sowie durch die Villen der Betriebsdirektoren und ein Kasino. Daran schließt sich eine Angestelltensiedlung an. Die Siedlungen sind reichhaltig ausgestattet mit Schulen, Kirchen und Konsumanstalten.

Der hohe Wohnraumbedarf für die Bergleute der Zeche wird an den zusätzlich zur Hauptsiedlung entstandenen kleineren Siedlungseinheiten an der Konradstraße (1912) und durch Ankauf (1916) der zunächst auf privater Basis entstandenen Pauenschen Siedlung (seit 1913) deutlich.


Lageplan mit Siedlungen. Um 1957

Entwicklung nach 1920
Nach kurzzeitiger Enteignung der französischen Eigentümer während des 1. Welt­krieges 1917 übernahm erneut die Pariser Bankengruppe 1921 das Bergwerk. Kurz darauf entstand 1921/22 auf dem südlichen Zechengelände eine kleine, anspruchsvoll gestaltete Bautengruppe mit Schirrhof, Grubenfeuerwehr, Pumpenhaus und Lokomotivschuppen.

1924 wurde das Bergwerk an die große französische Hütten- und Bergwerksgesellschaft de Wendel verkauft, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine 250jährige Tradition in der Eisenerzeugung zurückblicken konnte und zur Versorgung der lothringischen Hüttenwerke sich auch schon zuvor im Ruhrbergbau engagiert hatte. Für die Kamp-Lintforter Zeche betrieb de Wendel eine konsequente Erweiterungspolitik der Berechtsame und 1939 hatte der Feldesbesitz mit 89,7 km2 schon fast den ursprünglichen Umfang erreicht. Zur Erschließung dieser großen Fläche entstand seit 1928 der Schacht Norddeutschland. Dieser Schacht wurde auch zur Förderung eingesetzt, so daß 1931 die Förderleistung von 6000 auf 7000 bis 8000 tato stieg.

Noch während des Krieges entstanden 1941 Pläne für einen großzügigen Ausbau des Bergwerkes mit Entstehung einer neuen Doppelschachtanlage bei Hoerstgen. Die Schächte 4 und 5 wurden 1943 zwar auch begonnen, aber wegen der Kriegsereignisse nicht vollendet. Nach Kriegsende gab man die Pläne für die neue Doppelschachtanlage in Hoerstgen auf und baute die Schachtanlage 1/2 aus.

Nachdem Zeche und Siedlungen im Zweiten Weltkrieg Schäden erlitten hatten, wurde 1947-54 die Kokerei erneuert. Ehrgeizige Ziele zur Produktionssteigerung führten 1955/56 zum Ersatz des Fördergerüstes von Schacht 1 durch einen Förderturm, der bei 16stündigem Betrieb 24.200 tato Rohkohle fördern sollte. Gleichzeitig wurde die für diese Förderleistung unzureichende Wäsche 1953-56 kräftig erweitert und die Kaue durch einen Neubau ersetzt. Die Bewet­terungsanlage am Schacht 2 wurde erneuert und der Schacht 2 mit einer Gefäßförderanlage zur Bergeförderung ausgestattet. In Hoerstgen entstand 1956-64 der Schacht 4 für Wetterführung, Seilfahrt und Materialförderung. Friedrich Heinrich ist eine noch fördernde Zechenanlage.

Im aktuellen Erscheinungsbild der Schachtanlage Friedrich Heinrich 1/2 ist noch hervorragend das Anlageprinzip der Entstehungszeit überliefert. Neben der eindrucksvollen Architektur der Gebäude ist besonders dieses Anlageprinzip von Bedeutung. Es variiert ein allgemein zur Jahrhundertwende verbreitetes Schema, steigert es jedoch in städtebaulicher Hinsicht zu monumentaler Wirkung.


Luftbild um 1985

Die Gesamtanlage
Als Standort der Schachtanlage war eine durch eine frühere Rheinschlinge entstandene Niederung - die Große Goorley - gewählt worden. Das Gelände der Zeche war etwa 2,5 m mit Kies aufgehöht worden. Den Kies hatte man am Eyller Berg abgebaut und mit einer Seilbahn zum Zechengelände transportiert. Am Fuße des Eyller Berges entstand der zwei ha große Pappelsee.

Dominierendes Element in der Gesamtdisposition der Zeche wurde die neu angelegte Friedrich-Heinrich-Allee. Schon der erste überlieferte Entwurf zum Bau der Übertageanlage von 1907(Plan des Landmessers Noelle) sah eine sehr dicht an die Allee herangerückte, auf einer Fluchtlinie liegende Reihe von Zechenbauten vor: Kaue/Verwaltung, Fördermaschinenhäuser, Zentralmaschinenhaus. Zwischen den Fördermaschinenhäusern sollte die Zufahrt zur Zeche direkt auf einen Platz führen, der seitlich von den Fördergerüsten und an der Stirnseite von der Wäsche begrenzt sein sollte. Diese Idee wurde nicht verwirklicht. Die Lücke zwischen den Fördermaschinenhäusern nahm dagegen das 1912 erreichtet Magazin ein.

Wie dem Plan von 1907 weiterhin zu entnehmen ist, sollten die Schächte 1 und 2 mit ihren Schachthallen identisch ausgebildet werden und zusammen mit der Wäsche eine geschlossene, U-förmige Gesamtanlage bilden. Daraus resultiert, daß auch Schacht 2 als Förderschacht für Doppelförderung gedacht war, jedoch zunächst nur als Wetterschacht benutzt wurde. Auch folgende Lagepläne von 1909 und 1913 zeigen noch für beide Schächte gleich groß bemessene Schachthallen, so daß diese Planung endgültig wohl erst in den 1920er Jahren aufgegeben wurde. Zwar wurde der Schacht 2 1930 noch mit einem zweiten Paar Seilscheiben ausgestattet und im zugehörigen Fördermaschinenhaus eine zweite Dampffördermaschine aufgestellt. Zu einer Erweiterung der Schachthalle kam es jedoch nicht mehr. In gleicher Reihe mit den Schachthallen wurde südlich, dem Schacht 2 zugeordnet, das Lüftergebäude (1911) und die Werkstatt erbaut. Nördlich von Schacht 1 schlossen sich in dieser Reihe drei Kesselhäuser an. Auf diese Gebäudereihe folgten die Gleise des Zechenbahnhofes.

zechenbahnhof
Schacht 2(links) und Wäsche vom Sumpfgebäude der Kokerei vom Zechenbahnhof. Foto um 1920

Jenseits der Gleise standen wieder in Parallelanordnung die fünf Batterien der Kokerei, die unterbrochen wurden von der hohen Betonkonstruktion des Sumpfgebäudes. Die Bauten der Nebenproduktenanlage waren ebenfalls im orthogonalen System angeordnet.

Die Gesamtdisposition folgt zwar dem allgemein zur Jahrhundertwende gebräuchlichen Schema der in parallelen Reihen geordneten Funktionseinheiten. Auch die Verteilung der Funktionen zumindest in den ersten beiden Reihen war für Doppelschachtanlagen mit einzelnen Fördergerüsten üblich. Ungewöhnlich ist der direkte Bezug zur vorbeiführenden Straße und die deutlich erkennbare Absicht, durch Anordnung und Ausbildung der Gebäude eine monumentale Straßenrandbebauung zu schaffen. So entwickeln sich Kaue und Zentralmaschinengebäude nicht etwa in die Tiefe des Grundstückes hinein, sondern markieren mit ihren langgestreckten Trauffassaden Anfang und Ende der Bautengruppe, und das Magazin zwischen den Fördermaschinenhäusern ist offensichtlich deswegen nachträglich in die Reihe eingefügt worden, um ihre kraftvolle Wirkung zu steigern. Die Ausbildung der Gebäudekörper mit die zur Straße orientierten Giebeln, die teilweise als Scheingiebel (Zentralmaschinenhaus) ausgeführt sind oder auch, wie im Fall des Magazins,  ohne funktionale Bedeutung sind, offenbaren den Wunsch der Bergwerksgesellschaft  nach einer Architektur, die Eindruck machen sollte. Es gibt keine zweite Zechenanlage im Ruhrgebiet dieser Zeitstellung, die sich mit derartigem Imponiergehabe der Öffentlichkeit zuwendet.

luftbild
Luftbild um 1985

In ihrer Wirkung durchaus noch gesteigert wird die relativ geschlossene Straßenrandbebauung der Zechenbauten durch die gegenüberliegenden, sehr aufgelockerte angeordnet und in eine Grünflächen eingebetteten Bauten: Verwaltungsgebäude, die Villen der Betriebsdirektoren und das Kasino. Um den Kontrast zur "schwarzen Seite" der Zeche noch zu betonen, sind diese Gebäude als weiße Putzbauten ausgeführt.

Die leicht barockisierende Backsteinarchitektur der Zechengebäude ist durchgängig aufgelockert mit Putzstreifen zwischen den Fensterachsen. Die hohen Rechteckfenster über dem Sockelgeschoß werden regelmäßig bekrönt durch rundbogige Blendfenster, die nach Art der Thermenfenster geteilt sind. In den Giebelfeldern tauchen hin und wieder ovale Okuli auf. In der zweiten Gebäudereihe sind auch Werkstatt, Lüftergebäude und Wäsche in diesem schwer und wuchtig wirkenden Backsteinstil ausgebildet. Schachthalle, Mannschaftsgang und das erhaltene Kesselhaus sind in Stahlfachwerk erbaut und passen sich damit den in dieser Reihe dominierenden Fördergerüsten an.

Gekürzter und für das Internet bearbeiteter Text.
Gedruckt mit allen Anmerkungen und Quellenangaben in: Walter Buschmann: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenrevier.
Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. Gebr. Mann Verlag Berlin 1998, S. 167-215

Literatur
Bergbau AG Niederrhein (Hg.), 75 Jahre Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich 1906-1981. Die Geschichte eines Bergwerks, o.O., o.J.

Burghard, Wolfgang: Niederrheinische Unternehmer, Duisburg 1990

Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998

Der Ausbau des Verbundbergwerks Friedrich-Heinrich für eine Jahresförderung von 3 Millionen Tonnen, Kamp-Lintfort 1957

Gebhardt, Gerhard: Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957

Geschäftsberichte Friedr. Heinrich Steinkohlenbergwerke AG 1906-1968

Hermann, Wilhelm und Gertrude: Die alten Zechen an der Ruhr, Königstein/Taunus 3. Aufl. 1981

Huske, Joachim: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987

Kollert, Hans: Erinnerungen von Camp bis Kamp-Lintfort, Kamp-Lintfort 1989

Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich AG (Hg.), Das Werk und seine Belegschaft, Kamp-Lintfort 1958

Werksdirektion Friedrich Heinrich (Hg.), Kurzbeschreibung der Schachtanlage Friedrich Heinrich, Kamp-Lintfort 1981

Werksdirektion Friedrich Heinrich (Hg.), Bergbau AG Niederrhein, Beschreibung der Schachtanlage Friedrich Heinrich, 1985

50 Jahre Steinkohlenbergwerk Friedrich-Heinrich AG, 1905-1956. Die Geschichte eines Bergwerks und einer Landschaft am Niederrhein, o.O., o.J.

all Copyrights reserved / Alle Rechte der Texte und Bilder dieser Homepage
verbleiben beim Verfasser bzw. Hersteller:
©Rheinische Industriekultur e.V. 2004-2006